Als Ruben (fünfeinhalb) kürzlich von seinem Fußballverein ein Panini-Sammelalbum für die anstehende WM in Brasilien nebst sechs Klebebildchen geschenkt bekam, regte ich mich erst einmal auf: „Tolles Geschenk“, ätzte ich, „frei nach der alten Dealer-Logik ‚Der erste Schuss ist umsonst‘! Und warum macht der Verein bei dieser miesen Tour mit?* Die Erlöse kommen ja nicht der Nachwuchsarbeit des Deutschen Fußballbunds zugute, sondern nur den Erben von Franco Cosimo Panini!“ Dann erinnerte ich mich daran, wie ich selbst die Fußballbilder gesammelt habe. Saison 1978/79: Gerd Zewe und Jupp Kaczor hatte ich doppelt und dreifach, auf andere musste ich ewig warten. Gierig riss ich eins ums andere der packenweise gekauften Tütchen auf, in der Hoffnung, dass vielleicht diesmal Calle del’Haye drin sein möge.
Ruben ist natürlich begeistert von dem Album, weiß zum Glück aber noch nichts von den Verheißungen des Klebens und Tauschens und dem ewigen Kreislauf: Geldzusammenkratzen – Kaufen – Fiebern – Aufreißen – Jubel/Enttäuschung – und das Ganze wieder von vorne… So stelle ich mich erst mal doof. Das klappt ein paar Wochen ganz gut, und das Album gerät in Vergessenheit. Dann hat das WM-Fieber auch die Kita erfasst. Immer häufiger erzählt Ruben, dass seine Kumpels aber schon ganz viele Bilder hätten, um warum er selber nicht… Kurzum: Mit meiner Strategie des Aussitzens komme ich nicht mehr weiter.
Ich erkläre meinem Sohn also, dass die Bildchen ziemlich teuer seien, das Ganze eine rechte Geldschneiderei wäre, und man viel mehr Bilder kaufen müsse, als eigentlich in das Album reinpassten. (Wen es interessiert: Sogar Mathematiker haben sich mit diesem Thema schon beschäftigt. Die Problematik ist als Sammelbilderproblem bekannt.) Da ein Verbot für mich aus verschiedenen Gründen nicht in Frage kommt, sage ich: „Du kannst dir gern die Bildchen von deinem Taschengeld kaufen. Ich möchte dafür kein Geld ausgeben.“
Just nachdem wir diesen Dialog geführt haben, finden wir im Briefkasten eine Sendung mit zehn Tütchen Aufklebern von Oma Heike. Fiebrig reißt Ruben die Briefchen auf, wir sortieren die Fußballer nach Ländern und üben das saubere Einkleben.
Mehr noch als diese Übung in Feinmotorik besticht mich das Konzept, die Fußballbildchen mit Nummern von 1 bis 639 zu versehen. So können wir bei jedem Bild das Zahlenlesen trainieren, und Ruben kann seinen bis dato zweistelligen Zahlenraum um die Hunderterzahlen erweitern. Dazu muss er die Nummer auf der Rückseite des Aufklebers vorlesen und dann im Album suchen. Fünfhundertsiebenundeinzig, liest er, hundertsiebzehn… nein: fünfhunderteinundsiebzig. Beeindruckend schnell wächst seine Trefferquote und er hat bald heraus, wie man dreistellige Zahlen liest.
Anatol hat auch seine Freude. Er bekommt die Rückseiten der Aufkleber und sortiert sie hingebungsvoll. Ma mehr Igel! ruft er ein uns andere Mal. Igel? Ich stutze, dann fällt mein Blick auf die stilisierten Sonnenstrahlen des WM-Logos. Na klar: Ma mehr Igel!
Nächsten Donnerstag gehen wir zur Panini WM Tauschbörse und tauschen Eduardo und Gotoku Sakai gegen Ronaldo und Lionel Messi. Die kleben wir neben Rodrigo Palacio und Bruno Alves (den wir auch doppelt haben). Und kaufen dann nochmal zehn Packungen Bilder.
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* Warum, erschließt sich, wenn man weiß, dass Fifa und Panini – Überraschung – Hand in Hand arbeiten. Und damit auch der DFB und die in ihm organisierten Vereine.
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