Mein Sohn tut sich heute etwas schwer mit dem Einschlafen, obwohl er erkennbar hundemüde ist. „Was ist denn los?“, frage ich.
– Ich bin traurig, sagt Ruben leise.
– „Warum denn? Ist es, weil Mama nicht da ist?“
Rubens Mutter ist für zwei Tage nach Brüssel gefahren.
– Nein, erwidert der kleine Rubelmann. Weil ich lieber wieder in Brüssel sein will.
– „Vermisst du Aaron und Milan?“, hake ich nach.
Ruben gibt keine Antwort und wechselt stattdessen das Thema.
– Ich möchte nicht, dass der Opa immer Grüß Gott sagt!
Da schau her. Dem Enkel ist der bajuwarische Zungenschlag seines Großvaters peinlich.
Oma und Opa sind gerade in Berlin zu Besuch, um auf die Enkel aufzupassen, während Mama ausgeflogen ist und Papa arbeiten muss. Heute früh kam Opa in die Kita mit, um sich den Laden einmal anzuschauen und im Bilde zu sein, wo er später seine beiden Enkel abholen muss. (Seit letzter Woche geht Anatol in dieselbe Kita wie Ruben.) Zur Begrüßung entbot er der verdutzten französischen Praktikantin ein herzhaftes „Grüß Gott!“. Sein feinfühliger Enkel merkte sofort: Irgendwas ist hier komisch.
Trotz alledem (Traurigkeit, Peinlichkeit) ist Ruben zurzeit viel ausgeglichener und zufriedener als noch vor wenigen Wochen. Das mag auch daran liegen, dass er jetzt endlich wieder einen Freund gefunden hat: Mammse. Ich bezweifle zwar, dass der Junge aus der Kita wirklich so heißt – bestimmt heißt er Marcel oder Manfred. Oder handelt es sich am Ende gar um ein Mädchen? Ruben ist sich freilich sicher: Es ist ein Junge und er heißt Mammse.
Aber nun ist es wirklich Zeit für Ruben einzuschlafen. „Bisou“, sage ich, wir küssen uns, und ich klettere aus dem Stockbett. Doch mein Sohn hat noch eine letzte Bitte: Papa, kannst du die Tür ein bisschen auflassen, damit ich hör, wie du klapperst.