Koekelberg ist mit 1,17 km² die zweitkleinste der 19 Brüsseler Gemeinden – und besteht, pointiert gesagt, vor allem aus der fünftgrößten Kirche der Welt, der Nationalbasilika des Heiligen Herzens. Von der Grundsteinlegung (1905) bis zur Eröffnung (1970) vergingen 65 Jahre, und das Art-Deco-Gebäude gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Die Stadtautobahn bildet gleichsam die Sichtachse: Vom Dexia-Hochhaus am Botanischen Garten sieht man kilometerweit bis zur Basilika, die aus der Nähe etwas Herr-der-Ringe-mäßiges hat – wie mein Freund Matthias findet, der überzeugt ist, dass Peter Jackson sich hier die Inspiration für seine Filmarchitektur geholt hat.
Bislang hatten wir die Basilika immer nur von außen bewundert und mit Ruben auf den herrlichen Wiesen unterhalb der Kirche Fußball gespielt oder den Spielplatz im Elisabethpark besucht. Heute war ich zum ersten Mal im Inneren der Basilika und war einigermaßen verblüfft: Man betritt das imposante Bauwerk durch einen eher kleinen Seiteneingang – und wird von einer Coca-Cola-Werbung begrüßt.
Im Erdgeschoss – um zur eigentlichen Kirche zu gelangen, muss man erst eine Treppe hinaufsteigen – befindet sich nämlich ein Restaurant, das offenbar von Adrienne & Yves geführt wird. Eine Tür weiter hat Radio Spes sein Studio. Geht man die Treppe hinauf ins Querschiff, fällt der Blick zunächst auf ein Büro des Tourismus-Verbands, das sich hinter einer Glasscheibe befindet, dann auf einen trashig anmutenden Altar mit weihnachtlicher Lichterkette – und schließlich auf ein farbenfrohes Plakat: Magie des Orchidées.
Eine Blumenausstellung in der Kirche? Ein Großteil der Basilika wurde dafür freigemacht – oder besser gesagt, abgesperrt: man kommt nämlich gar nicht rein. Es sei denn, man zahlt 8 Euro 50 Eintritt, um einen „tropischen Garten von 2000 m² mit riesigen Bäumen, Wasserfälle, Flüsse, Sumpfe und sogar einen Hafen mit Segelboot!“ bewundern zu können. Vielleicht sollte sich die Katholische Kirche in Deutschland hier mal etwas Inspiration holen? Trotzdem hat das Ganze selbst für mich Heiden etwas Befremdliches. Zwar ist der nicht abgesperrte Bereich der Basilika immer noch groß und imposant genug, aber Fritten und Orchideen im Allerheiligsten? Sakra, sakra!
Im Hintergrund wabert esoterische Musik, Ruben zerrt an der Lichterkette, dann verlassen wir die Kirche wieder durch den Seiteneingang – vorbei an der überdimensionalen Figur mit Kochmütze, die gleichsam im Vorwärtsfallen ihre schwarzschiefrige Speisekarte präsentiert. Die Fritten essen wir dann doch lieber in der Dönerbude unseres Vertrauens, kurz vor dem Place des Martyrs in der Innenstadt. Keine 50 Meter weiter wälzen sich wie immer die einkaufenden Massen vorbei.
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