Die Regenwolken haben sich verzogen. Der Himmel ist strahlend blau, als wir mit unseren Kindern an der malerischen (wäre da nur nicht die Straßenbahn, die den Platz umrundet) Place des Bienfaiteurs den Abend einläuten. Die Eltern plaudern über den neuesten Stand in Sachen Einschulung, die Kinder tollen um den leeren Brunnen herum und verkaufen über den Tresen (Mauerrand) imaginäre Produkte. Ich kaufe zwei Zitronen und eine Paprika, Simon denkt etwas praktischer und ordert Brot und Milch. Ruben und Milan strecken uns begeistert die Hände entgegen. „Einundsiebzig!“, sagt Ruben auf meine Frage, was das koste. Früher hat noch alles einen Euro gekostet – aber die Zeiten sind offenbar vorbei…
Als der Himmel endgültig dunkelblau geworden ist, verabschieden wir uns und gehen in unterschiedliche Richtungen nach Hause. Ruben geht fast den ganzen Weg alleine, die Reiswaffel in seiner Hand und eine vor uns streunende schwarze Katze helfen dabei. Zuhause angekommen, stellen wir fest: Das Licht im Treppenhaus geht nicht. Ruben drückt zweimal, dreimal. Nichts. Auch der Aufzug funktioniert nicht. Stromausfall. Und zwar in der ganzen Straße, wie mir der Nachbar W. erklärt, der uns mit Taschenlampe entgegenkommt. Nur auf dem Platz vor unserem Fenster brennt noch Licht und scheint in unser Haus hinein.
Meine Erklärungen können die Flut an W-Fragen natürlich nicht eindämmen, doch Ruben nimmt die plötzliche Dunkelheit als interessante Neuerung hin. Er möchte jetzt aber trotzdem bitte Lego spielen. Dafür muss der Papa freilich erst einmal Kerzen und Teelichte aufstellen. Zum Glück mangelt es daran nicht, und so stehen bald in jedem Zimmer ein, zwei Lichtlein, und eine postweihnachtlich-friedvolle Stimmung breitet sich in der Wohnung aus. Ruben kniet seelenruhig wie immer am Sofa und spielt mit seinen Autos. Schau mal Papa, ruft er. Die Leute sind im Polizeiauto. Schemenhaft erkenne ich, dass mein Sohn einen weißen Lego-Transporter durch das Halbdunkel schiebt, und entbiete meine Anerkennung.
Dann klopft es an der Tür. Die Mama ist da. Und mit ihr kommt auch der Strom in unser Leben zurück. Wir freuen uns, dass die Mama da ist. Aber ein bisschen schade ist es, dass so schnell wieder Normalität eingekehrt ist. Deshalb lassen wir die Kerzen noch ein bisschen brennen und essen im Halbdunkel gemeinsam zu Abend.