Egal ob man 200g Schinken, eine Scheibe tête pressée, etwas Speck und eine boudin blanc (belgische Weißwurst) kauft, oder drei-vier griechische Spezereien, oder bloß zwei kleine deutsche Brote – auf dem Freitags-Markt an der Place des Chasseurs Ardennais kostet immer alles 13 Euro. Jedenfalls wenn ich einkaufe.
Auf dem Markt trifft man viele Deutsche – was gar nicht so erstaunlich ist, weil es zwei Stände gibt, die nach deutscher Tradition – also mit Sauerteig – gebackenes Brot feilbieten. Und was vermisst der Deutsche in der Diaspora am meisten? Richtig: das gute deutsche Brot, sprich: Sauerteig-Brot. In Deutschland ist es leicht, der Baguette-Romantik zu frönen (- oder wer hat nicht dieses Bild von Robert Doisneau im Kopf?), denn man hat ja selbst in der schlimmsten Backshop-Kette dreizehn oder dreißig Brotsorten zur Auswahl, auf die man sich zurückziehen kann, wenn man des langen Weizenprügels überdrüssig geworden ist – aber hier im Welschen? Ist man mehr oder weniger zum Baguette verdammt.
Und so gehe also auch ich auf den Markt und kaufe fast jeden Freitag (wenn ich nicht gerade 2 Kilo Brot aus Franken mitgebracht habe, wo es natürlich das beste Brot gibt) zähneknirschend zwei Laib Brot à 500 oder 750 Gramm und zahle dafür ohne mit der Wimper zu zucken 13 Euro. Gut, es kostet mich einige Willensanstrengung, nicht mit der Wimper zu zucken, und man muss auch fairerweise sagen, dass bei den 13 Euro schon die Breze (oder wie der Frankophone sagt: le bretzel) eingepreist ist, die Ruben immer zur Bestechung bekommt, damit er die Markt-Rallye klaglos mitmacht. Die Bretzel (Stückpreis: 1,20 €) ist sozusagen sein Backschisch.
Deswegen gehen wir auch immer zuerst zu dem Stand mit Pat und Patachon – dem alten, wettergegerbten, schnauzbärtigen Standbesitzer, einer wallonischen Ausgabe von Heiner Brand und Jiři Dienstbier, und seinem schieläugig dauergrinsendem Adlatus, dem man bei aller zur Schau getragenen Freundlichkeit ansieht, wie obszön er es findet, dass es Leute gibt, die tatsächlich so viel Geld für ein Brot ausgeben, wo man doch beim boulanger an der Ecke eine Stange für unter einem Euro haben kann. Aber ich bin Deutscher und als solcher kompromisslos. Jedenfalls beim Brot.
Wenn Ruben also seine Breze hat, gehen wir weiter, kaufen vielleicht beim biologisch-dynamischen Käsemann exquisiten Rohmilchkäse (zur Zeit eher weniger, da meine Frau ja enceinte ist) oder beim freundlichen griechischen Feinkosthändler, wo man für seine (meine) 13 Euro wirklich was geboten bekommt, sahnigen Schafskäse, Tapenaden und Taramas. Seine (des Griechen) Knoblauch-Oliven sind sagenhaft gut und erstaunlich billig (2,50 € für 250 g), und seine Fremdsprachenkenntnisse erstaunlich. Er spricht hervorragend Französisch, Englisch und Deutsch, also die drei Arbeitssprachen der EU, schwört aber, ein echter Grieche zu sein.
Dann geht es weiter zum Wurststand, wo alles artisanal ist, also von Hand gemacht und entsprechend teuer – aber auch saugut. Die Besitzerin ist eine kernige Flämin, die mich etwas an die Schauspielerin Marie Gruber erinnert (die unverdrossene, stets ungelobte Kriminaltechnikerin beim Hallenser Polizeiruf), obwohl sie ihr nur entfernt ähnlich sieht. Ihr Mann (oder Kompagnon) ist nur ab und zu da, parliert dann aber sehr charmant durcheinander Niederländisch, Französisch und manchmal auch Deutsch – vorausgesetzt, man hat sich lange genug Mühe gegeben, schlechtes Französisch zu reden.
Dass man als Nicht-Flame Niederländisch kann, damit rechnet ohnehin kein flamand wirklich. Obwohl der Vater meiner netten flämischen Nachbarin Lisa (die mit einem Deutschen liiert ist, und natürlich perfekt Deutsch spricht), den ich neulich im Treppenhaus traf, auf meinen bedauernden Hinweis, dass ich leider kein Niederländisch könne, (auf Deutsch) streng erwiderte: „Das kann man lernen!“
Das sehen Millionen Wallonen anders: Fast jeder Flame spricht Französisch, aber kaum ein Wallone Niederländisch. Unsere Kita-Leiterin, eine Wallonin, findet das so beschämend, dass sie ihr Kind, um ein Zeichen zu setzen, auf eine niederländische Schule schickt. Nur dass sie jetzt nicht mehr mit den Hausaufgaben helfen kann. Das Problem kommt demnächst auch auf uns zu… Immerhin, für das Marktgeschehen reicht mein Französisch inzwischen.
Hallo Axel, Ihr Kinnersch und ihr Läüt heißt eigentlich soviel wie ach du lieber Gott oder neudeutsch das glaub ich jetzt nicht , Jeschusch, Maria und Joseff. Leider hat man mir in dem neuen Tastatürchen keine Anführungszeichen gelassen!
die Anmerkung bezieht sich natürlich auf Ihr Kinner und ihr Leut. Viel Spaß beim Basteln!