Versöhnungskitsch

Wenn der eigene Spross andere Kinder schlägt, so raten Remo Largo et al., soll man sein Missfallen verbal zum Ausdruck bringen und sofort den Ort des Geschehens verlassen. So weit, so klar. Nur, wenn der Tatort die eigene Wohnung ist, wird es schon schwieriger. Wenn mein Sohn mich schlägt, kratzt oder bespuckt, verlasse ich sofort den Raum. Doch auch hier gilt das alte Wehner-Wort: „Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen.“

Mit anderen Worten: Das letzte Wochenende mit dem kleinen Rubelmann war sehr anstrengend.

Da Vater und Mutter recht verzweifelt waren, weil dieses kindliche Verhalten trotz obengenannter Maßnahmen nun schon seit einer ganzen Weile regelmäßig auftritt, habe ich die Lage heute Rubens Kita-Erzieherin Sylvie geschildert – die immer wieder voll des Lobes ist, was für ein lieber und sozialer Junge Ruben sei, und daraus schließt, dass wir zu Hause alles richtig machen. Woran wir nach diesem Wochenende allerdings begründete Zweifel hatten.

Sylvie war sehr verständnisvoll und sagte, dass sie mit ihrer eigenen Tochter die gleichen Probleme hätte, und dass man mit anderen Kindern immer geduldiger sei als mit den eigenen. Dann rief sie Ruben, der noch mit Anorak und grüner Mütze unschlüssig im Vorraum der Crèche stand, mit sanfter Stimme zu sich:

– „Rub, pourquoi tu as tapé papa? Tu sais, quand on n’est pas content, on peut le dire.“
Der Angesprochene grinst verlegen.
– C’est pas rigolo! Regarde moi! Tu sais, qu’il ne faut pas taper Sylvie ou Mikael [Erzieher], et il ne faut pas taper papa, ni maman!
Ruben sieht bedröppelt drein.
– Alors, donne papa un bisou et dis „pardon“!
Mit schüchternem Lächeln gibt Ruben mir ein paar feuchte Küsse. Beim vierten Mal sagt er zaghaft pardon! und Papa erwehrt sich mannhaft der aufsteigenden Tränen.

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