Karottenlektion

Tschüss, Mama. Die Kühe gehen jetzt! Dass mein Sohn zur Zeit jeden Morgen als ein anderes Tier angesprochen zu werden wünscht, habe ich ja bereits an anderer Stelle berichtet. Wir haben bereits Katze, Tiger, Bär, Pferd und Esel durch, auch Giraffe, Ziege und Vogel waren schon da. Gestern kam der Wurm dazu. Und heute früh war Ruben ein Pfau, der sich kurz vor Verlassen des Hauses in eine Kuh verwandelte.

Je nach Rubens Wahl bin ich entsprechend die große Ziege/Katze/Kuh (gerne auch der große Esel). Mitgehangen, mitgefangen. Doch egal ob Wurm, Pfau oder Kuh: alle Tiere wünschen morgens mit einer Karotte gefüttert zu werden. Der Tierimpersonator kneift dazu die Augen zu, macht eine Mümmelbewegung und reckt mir erwartungsvoll den Mund entgegen. Erst wenn ich eine imaginäre Karotte an seinen höchst realen Mund halte, ist das Tier (Hund, Katze, Pfau) zufriedengestellt.

Am Beispiel der Karotte lässt sich hervorragend die zunehmende Sprachkompetenz meines Sohnes verdeutlichen – und seine Gedächtnisleistung. Das orangefarbene Wurzelgemüse, Bayern auch als gelbe Rübe bekannt, wurde Ruben von seiner Mutter nämlich als Möhre vorgestellt. Später erklärte ich ihm, dass man dazu auch Karotte oder gelbe Rübe sagen könne. (Manche sagen auch Wurzeln, aber das habe ich weggelassen, um meinen Sohn nicht zu verwirren…)

Das Gemüse war dann, wie das so geht, wochenlang kein Thema mehr – bis Ruben in die Tierphase eintrat und auf einmal mit Karotten gefüttert werden wollte (und nicht etwa mit Möhren). Möglicherweise hat das auch etwas damit zu tun, dass das französische (sprich: Kita-) Wort dafür genauso lautet: carotte.

Ich glaube aber, dass er sich gemerkt hatte, was ich ihm damals erklärt hatte. Gestern nämlich sagte er unvermittelt: Louisa Kopf halte, muss ma aufpasse. Wir hatten kürzlich mein Patenkind besucht, und während die Erwachsenen Tee tranken, hatte Louisas fünfjährige Schwester Lily das erst wenige Tage alte Baby zwar liebevoll, aber etwas unkindgemäß in die Arme genommen – worauf ich intervenierte und Lily anwies, den Kopf des Babys festzuhalten.

Wir haben über diesen kleinen Zwischenfall nie wieder gesprochen, aber Ruben hat ihn registriert und nach einer Woche wieder zum Thema gemacht. Was lernen wir daraus? Überleg Dir gut, was Du sagst – denn Kinder vergessen nie. Im Guten wie im Schlechten.

Dieser Beitrag wurde unter Rubelmann abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Antworten zu Karottenlektion

  1. parkwaechter schreibt:

    Kaum habe ich die Karottenlektion aufgeschrieben, hat sich der kleine Rubelmann was Neues ausgedacht: Heute früh wachte er als Käfer auf (Gregor Samsa, ick hör Dir trapsen…) und verlangte keine Möhre, sondern Gras, genauer gesagt Müsli-Gras

  2. Pingback: Junge und Mann | parkwaechter

  3. Pingback: Ambulanz und Krankenwagen | parkwaechter

  4. Pingback: Ohne Teufel kein Karlchen | parkwaechter

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s