Bitteschön, sagt Ruben. Ich weiß zwar nicht, warum, aber weil wir eine anstrengende halbe Stunde hinter uns haben, sage ich artig „Danke schön“. Bitte schön, wiederholt mein Sohn und grinst. Ich sage nochmal „Danke schön!“. Nein bitte schön, insistiert Ruben.
Na gut, dann eben bitte schön. Ich habe keine Kraft mehr zum Streiten. Erbitterte Auseinandersetzungen übers Essen liegen hinter uns. Als ich Ruben von der Kita abholte, verlangte er sofort nach einem Brot. Das ist Routine und kann meist mit dem Hinweis auf „gleich, zu Hause“ abgewehrt werden.
Zu Hause angekommen, erbot ich mich, gleich ein Brot zu schmieren. „Was willst Du denn drauf haben, Ruben?“
– „Eine Marmelade!“
– „Okay, der Papa macht dir ein Marmeladenbrot.“
Ich öffnete den Kühlschrank und sofort fiel Rubens Adlerauge auf den Bereich mit den Joghurterzeugnissen. „Der Blaue!“, rief er. Ich deutete auf den großen blauen 500-ml-Erdbeer-Joghurt-Becher. „Den hier?“
– „Nein, den!“, sagte Ruben und deutete auf einen kleineren durchsichtigen Becher, oben weißer Joghurt, darunter etwas Birnenpampe. „Der Gelbe!“
– „Also gut, dann eben der Gelbe.“-
Ich machte Anstalten, den Birnenjoghurt aus dem Kühlschrank zu holen, da protestierte Ruben: „Nein, das hier! Der Rote!“ Stirnrunzelnd griff ich nach dem kleinen Himbeerjoghurt, da kreischte Ruben empört: „Nein, nicht. Der Blaue!“
„So, jetzt reicht’s“, sagte ich. „Es gibt jetzt den blauen Joghurt.“
Nach ein paar Minuten weiteren Geplänkels nahmen wir am Esstisch Platz. Ich riss den Deckel vom blauen Becher auf und wollte gerade etwas Joghurt in eine kleine Schale für Ruben füllen, da jammerte er: „Nein, nicht der blaue. Der kleine! Im Kühlschrank. Der blaue nicht!“
Ich verlor die Beherrschung. „Du kannst nicht alle drei Sekunden was anderes haben. Du isst jetzt, was auf dem Tisch steht!“ Ruben fing an zu weinen. Er schrie, dass er jetzt aber den kleinen wolle.
Wir brüllten uns eine Weile an, dann ignorierte ich meinen Sohn eine Zeit lang, dann war er bereit für den Blauen. Allerdings nur unter der Bedingung, dass ich – „der Rååsche!“ – einen Löffel von der Aprikosenmarmelade unterrührte, die ich ihm ursprünglich aufs Brot hatte schmieren wollen. (Für alle, die des Rubelschen nicht mächtig sind: Rååsch heißt Orange.)
Als wir endlich mit dem Essen fertig waren, war Wickeltime. Ruben beschwerte sich, dass seine Windel nass sei, wollte aber keine neue Windel haben, weil er Angst hatte, dass diese ebenfalls nass sein könnte. Ich bestach ihn mit einem hellblauen Schnuller. Empört warf er diesen von sich und verlangte unverzüglich den grauen Kollegen: Küche! Dort lag noch ein weiterer, durchsichtiger Schnuller, der graue Mam. (Mam ist im Hause Rubel das Wort für Beruhigungssauger.)
Ich holte den Grauen aus der Küche und hatte für fünf Minuten Ruhe. Wenigstens ein Richtiger im Lotto. Aber schon morgen werden die Farben wieder neu gemischt.
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