Abendessen mit dem Rubelmann ist immer wieder für Aufregung gut, und wie ich an anderer Stelle bereits beschrieben habe, erlebt man dabei manchmal auch sprachliche Abenteuer. Abendessen im Hause Rubelmann ist Emotion pur.
So auch heute wieder. Ein Müsli war bereits verspeist, die Truthahnwurst mit Brokkoli-Einsprengseln halbherzig angebissen, und ein Becher Kefir gierig hinuntergestürzt worden, als mir Sohnemann von seinem Hochsitz aus den folgenden Satz entgegenschleuderte: Papa, die Liebe!
Was war geschehen? War Ruben über Nacht zum Philosophen geworden? Hatte das frühreife Früchtchen (2,5 Jahre) heimlich unter der Bettdecke Kierkegaard und Erich Fried gelesen? War er mit der Gesamtsituation unzufrieden, insbesondere mit der elterlichen Paarbeziehung?
Die Wahrheit war viel erschütternder, ja geradezu genial, wenn man das sagen darf (seit Musil darf man): Ruben wollte Oliven – die als noch verschlossene Konserve unerreichbar direkt vor ihm standen. Und so wie ihn manchmal plötzlich ein Bedürfnis nach Puderwasser überkam, verlangte es ihn diesmal eben nach Liebe. Ein raffiniertes Sprachspiel, das offensichtlich darauf angelegt war, den Vater in komplexe Gefühlswidersprüche zu stürzen.
Doch was tun? Wegen ihm die Konserve aufbrechen und noch mehr Sauerei riskieren? Oder den emotionalen Erpressungsversuch ignorieren? Meine Frau versuchte es mit der sokratischen Methode: „Ist die Liebe in einer Dose? Sag, Rubel? Und was passiert, wenn ich die Dose jetzt aufmache: Kommt dann die Liebe in einer großen Wolke raus?“
Ruben ließ sich nicht provozieren. Er überlegte kurz und sagte dann: Noch meh‘ Brot!
Ja, ja, die Liebe – und wo sie hin fällt: neulich abends vor dem Fernseher, der Feinrippverfechter spielt mit seinem Smartphone und lacht über den jüngsten Parkwaechter-Post. Ob er ihn mir vorlesen dürfe? Er kommt bis zur Stelle, wo es um die Wahrheit geht, stolpert, setzt neu an, stolpert erneut, und fragt dann schließlich: „Wer ist denn dieser Müsli?“
:-))) Happy Birthday übrigens, lieber… Feinrippverfechter!